13.09.2025 07:51 PM
Coops wollte über Cloud reden. Und über Belanglosigkeiten. Seinetwegen übers Wetter oder die neue
Frisur von Promi XY – nur dass er da gerade nicht auf dem neuesten Stand war. Auf dem Weg zu Cloud
war er an einem Zeitungsstand vorbeigekommen, aber er hatte ihm keine Aufmerksamkeit gespendet.
Trotzdem: Er wollte reden, nur nicht über das, was ihm passiert war. Heute wollte er sich in Verdrängung
üben, so tun, als sei nichts passiert. Als wäre er kurz in Urlaub gewesen und nun zurück bei seinem
Freund, der ihm freudig erzählte, was er verpasst hatte. Er wusste, dass es nicht der Realität entsprach, nur
war die Realität einfach so beschissen, dass er wenigstens heute eine Pause davon haben wollte. In einer
perfekten Welt würde Cloud spüren, dass er das wollte und wenn ihm noch ein wenig an ihm lag, dann
würde er für ihn mitspielen. Wenigstens heute. Sie lebten nicht in einer perfekten Welt.
„Kann ich mir gut vorstellen“, erklärte Coops dann, „hast du noch Kontakt zu Leuten aus dem alten
Tanzprogramm? Hannah oder Lucy oder so? Sind die eigentlich ein Paar geworden?“ Sie hatten damals
nur darauf gewartet und nicht verstehen können, wie die Tänzerinnen nicht checken konnten, dass sie bis
die in einen Dutt gebundenen Haarspitzen in einander verknallt gewesen waren. Na gut, Lucy war mit
einem Idioten namens Hank zusammen gewesen, aber... „...sie ist doch nicht noch mit Hank zusammen
oder?“, fragte er skeptisch nach, während seine Augen fragend in Clouds Gesicht ruhten. Klatsch und
Tratsch des letzten Jahres nachzuholen war einfach. Das bekam er hin ohne nachdenken zu müssen und es
lenkte für den Moment ab von der Reise, die jetzt vor ihm lag.
Kurz hielt er den Atem an, als er Clouds Hand an einer seiner Haarsträhnen spürte. Vor Aufregung, weil
Cloud ihn lange nicht mehr so berührt hatte und vor Anspannung, weil er fast damit rechnete, dass auf
diese kurze Berührung ein Schmerzreiz folgen würde. Der Reiz kam nicht und nach einem Moment
entließ er den Atem aus seinem Körper und blickte schließlich zu Cloud. „Ist okay. Du kannst was
aussuchen.“ Er konnte heute nichts entscheiden. Weil es zu lang her war, dass er wirklich eine realistische
Wahl gehabt hatte. In den letzten Monaten war es vor allem darum gegangen sich jeden Tag aufs Neue
fürs Leben zu entscheiden. Für sich selber und für Cloud. Er wünschte sich, Cloud würde wissen, wie
wichtig er für ihn in den letzten Monaten war. Dass er ohne ihn kaum überlebt hätte. Er wollte, dass er das
wusste, aber sagen wollte er es ihm nicht.
Da würde er sich wirklich lieber Videos von Cloud ansehen. „Gerne. Ich möchte die Videos sehen. Und
Bilder. Alles was du hast.“ Es würde nicht wiedergutmachen können, dass er nichts davon live gesehen
hatte, aber es wäre trotzdem schön. Dann schluckte er. Ob er reden wollte? Nicht wirklich. Zumindest
nicht jetzt. Und zeitgleich hatte er das Gefühl, dass er es Cloud schuldig war. Er richtete sich auf, löste
sich etwas von Cloud. „Ich hab nachts manchmal mit den Fingern versucht in der Luft irgendwelche
Choreos von dir nachzumachen. Das hat natürlich nicht funktioniert, weil meine Finger sich nicht so gut
bewegen können wie dein Körper, aber... ich konnte eh nicht wirklich sehen, was ich da mache und im
Kopf hat's irgendwie Sinn ergeben.“
Zu seinen Eltern hatte er nicht viel zu sagen. „Ich hab keine Eltern mehr.“ Das Urteil hatte er gefällt. Eine
der wenigen Entscheidungen, die er getroffen hatte. Er schluckte, sah dann aber zu ihm. „Sie haben unsere
Fotos in den Müll geschmissen. Und... viele von meinen Sachen.“ Alles, was in ihren Augen nicht
angemessen war für ihren Sohn. Zu weibisch, zu weich, zu Coops. „Ich weiß nicht, was mit meinen
Geschwistern ist. Ich hab sie noch nicht gesehen. Sie waren nicht da, als ich drüben ankam.“ Drüben. Er
wollte diesen Ort nicht zuhause nennen, weil es nicht mehr seines war. Er hatte kein Zuhause, wenn
überhaupt, dann hatte er einen vorübergehenden Schlafplatz. Und nicht mal der schien ihm gerade sehr
sicher. „Wie lange kann ich bleiben?“, fragte er schließlich geradeheraus und sah Cloud an.
Frisur von Promi XY – nur dass er da gerade nicht auf dem neuesten Stand war. Auf dem Weg zu Cloud
war er an einem Zeitungsstand vorbeigekommen, aber er hatte ihm keine Aufmerksamkeit gespendet.
Trotzdem: Er wollte reden, nur nicht über das, was ihm passiert war. Heute wollte er sich in Verdrängung
üben, so tun, als sei nichts passiert. Als wäre er kurz in Urlaub gewesen und nun zurück bei seinem
Freund, der ihm freudig erzählte, was er verpasst hatte. Er wusste, dass es nicht der Realität entsprach, nur
war die Realität einfach so beschissen, dass er wenigstens heute eine Pause davon haben wollte. In einer
perfekten Welt würde Cloud spüren, dass er das wollte und wenn ihm noch ein wenig an ihm lag, dann
würde er für ihn mitspielen. Wenigstens heute. Sie lebten nicht in einer perfekten Welt.
„Kann ich mir gut vorstellen“, erklärte Coops dann, „hast du noch Kontakt zu Leuten aus dem alten
Tanzprogramm? Hannah oder Lucy oder so? Sind die eigentlich ein Paar geworden?“ Sie hatten damals
nur darauf gewartet und nicht verstehen können, wie die Tänzerinnen nicht checken konnten, dass sie bis
die in einen Dutt gebundenen Haarspitzen in einander verknallt gewesen waren. Na gut, Lucy war mit
einem Idioten namens Hank zusammen gewesen, aber... „...sie ist doch nicht noch mit Hank zusammen
oder?“, fragte er skeptisch nach, während seine Augen fragend in Clouds Gesicht ruhten. Klatsch und
Tratsch des letzten Jahres nachzuholen war einfach. Das bekam er hin ohne nachdenken zu müssen und es
lenkte für den Moment ab von der Reise, die jetzt vor ihm lag.
Kurz hielt er den Atem an, als er Clouds Hand an einer seiner Haarsträhnen spürte. Vor Aufregung, weil
Cloud ihn lange nicht mehr so berührt hatte und vor Anspannung, weil er fast damit rechnete, dass auf
diese kurze Berührung ein Schmerzreiz folgen würde. Der Reiz kam nicht und nach einem Moment
entließ er den Atem aus seinem Körper und blickte schließlich zu Cloud. „Ist okay. Du kannst was
aussuchen.“ Er konnte heute nichts entscheiden. Weil es zu lang her war, dass er wirklich eine realistische
Wahl gehabt hatte. In den letzten Monaten war es vor allem darum gegangen sich jeden Tag aufs Neue
fürs Leben zu entscheiden. Für sich selber und für Cloud. Er wünschte sich, Cloud würde wissen, wie
wichtig er für ihn in den letzten Monaten war. Dass er ohne ihn kaum überlebt hätte. Er wollte, dass er das
wusste, aber sagen wollte er es ihm nicht.
Da würde er sich wirklich lieber Videos von Cloud ansehen. „Gerne. Ich möchte die Videos sehen. Und
Bilder. Alles was du hast.“ Es würde nicht wiedergutmachen können, dass er nichts davon live gesehen
hatte, aber es wäre trotzdem schön. Dann schluckte er. Ob er reden wollte? Nicht wirklich. Zumindest
nicht jetzt. Und zeitgleich hatte er das Gefühl, dass er es Cloud schuldig war. Er richtete sich auf, löste
sich etwas von Cloud. „Ich hab nachts manchmal mit den Fingern versucht in der Luft irgendwelche
Choreos von dir nachzumachen. Das hat natürlich nicht funktioniert, weil meine Finger sich nicht so gut
bewegen können wie dein Körper, aber... ich konnte eh nicht wirklich sehen, was ich da mache und im
Kopf hat's irgendwie Sinn ergeben.“
Zu seinen Eltern hatte er nicht viel zu sagen. „Ich hab keine Eltern mehr.“ Das Urteil hatte er gefällt. Eine
der wenigen Entscheidungen, die er getroffen hatte. Er schluckte, sah dann aber zu ihm. „Sie haben unsere
Fotos in den Müll geschmissen. Und... viele von meinen Sachen.“ Alles, was in ihren Augen nicht
angemessen war für ihren Sohn. Zu weibisch, zu weich, zu Coops. „Ich weiß nicht, was mit meinen
Geschwistern ist. Ich hab sie noch nicht gesehen. Sie waren nicht da, als ich drüben ankam.“ Drüben. Er
wollte diesen Ort nicht zuhause nennen, weil es nicht mehr seines war. Er hatte kein Zuhause, wenn
überhaupt, dann hatte er einen vorübergehenden Schlafplatz. Und nicht mal der schien ihm gerade sehr
sicher. „Wie lange kann ich bleiben?“, fragte er schließlich geradeheraus und sah Cloud an.
