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So many stories of where I've been - Cooper Bennett - 11.09.2025 „Ist Cloud da? Ich muss mit ihm reden.“ Clovers scharfer Blick, mit dem sie den Jungen bedachte, der ihrem Sohn vor etwas über einem Jahr das Herz gebrochen hatte, in dem er sang und klanglos vom Erdboden verschwunden war, wurde weicher, als sie den Zustand Coopers realisierte. Versuche irgendwas aus dem Jungen herauszubekommen schlugen fehl, denn alles, worum sich Coops Hirn gerade zu drehen schien, war Cloud. Nachdem er also endlich die Adresse bekommen und in sein Handy eingegeben hatte, eilte er regelrecht zur nächsten Bahnhaltestelle. Er wollte keine Minute länger warten als nötig, bis er den jungen Tänzer wiedersah und ihm alles erklären konnte. Ihm erklären konnte, dass er ihn nicht freiwillig verlassen hatte. Dass er sich hatte melden wollen. Der Weg zu Clouds Wohnung war beschwerlich. Zweimal war er kurz davor gewesen vorzeitig auszusteigen, weil er sich eingeengt gefühlt hatte. Weil da zu viele Menschen waren, die laut redeten. Um ihn herum hatten in den letzten Monaten nicht viele Menschen geredet. Vor allem nicht frei. Gespräche untereinander waren ohnehin nur unter Beaufsichtigung erlaubt gewesen und dann waren es keine richtigen Gespräche gewesen, sondern zum Beispiel Therapiestunden, in denen sie sich ihre vermeintlichen Verfehlungen entgegenbrüllen sollten. Zu schreien, wenn man sonst kaum noch redete, war unglaublich schwierig und schmerzhaft gewesen. Beim ersten Mal hatte er sich noch geweigert, hatte versucht den Rebellen in sich aufrechtzuerhalten. Er hatte aber schnell gelernt, dass das nur noch größere Schmerzen mit sich zog und so hatte er sich so gut es ihm möglich war gebeugt. Um Kräfte zu sparen, falls er irgendwann mal aus diesem Drecksloch abhauen könnte. Einmal hatte er es versucht. Bei dem Gedanken daran musste er schlucken und hatte kurz wieder das Gefühl, als würde seine komplette Haut brennen. Nach 40 Minuten war er schließlich endlich bei der Adresse angekommen und drückte schließlich nervös die Klingel. Es dauerte nicht lange, da konnte er in das so vertraute Gesicht blicken. Cloud sah gut aus. Wie immer. Er selber... nicht so. Er hatte abgenommen in den letzten 15 Monaten und das, obwohl er vorher schon recht hager gewesen war. Seine Augenringe hingen gefühlt an seinen Kniekehlen. Dass er Haare im Gesicht hatte, die bei anderen Männern einen ordentlichen Bart gebildet hätten und bei ihm eher wie unansehnliche Flecken einer Landschaft im Gesicht hafteten sprach Bände. Coops hatte nie Bart getragen. „Hey... kann ich reinkommen..?“ Die Strapazen der letzten Monate, sie waren nicht zu übersehen. Wahrscheinlich auch nicht die prall gefüllte Reisetasche neben ihm. Und trotzdem: Wenn man ganz genau hinblickte, war da irgendwo noch Coops in den Augen zu finden. RE: So many stories of where I've been - Cloud Hazley - 11.09.2025 Unter der Dusche hörte er nicht wie sein Handy klingelte als seine Mutter ihn anrief. Er musste sich ganz dringend den Schweiß von der Haut waschen, wie jeden Tag. Tägliches Duschen war schlecht für die Haut, aber der Badezimmerschrank hatte ausreichend Bodylotion vorrätig. Diese makellose Haut musste geschmeidig gehalten werden. Heute taten ihm die Füße besonders weh, eigentlich wäre ein Fußbad angeraten gewesen, aber da Cloud noch eine Verabredung hatte blieb dafür keine Zeit. Heute Abend vielleicht. Nach der Dusche Zähne putzen, eincremen, Haare fönen und dann nackt, wie Gott ihn geschaffen hatte, ins Schlafzimmer marschieren um sich ein Outfit für heute rauszusuchen. Schwarze Hose, schwarzer übergroßer Pulli, nichts Aufsehenerregendes. Aber gemütlich und vor allem warm. Es war arschkalt draußen. Irgendwo zwischen Unterhose und Socken warf er dann doch einen Blick auf sein Handy, weil er eh keine halbe Stunde ohne aushalten konnte. Was seine Mom von ihm gewollt hatte? Sehr gute Frage. Natürlich hatte sie keine Sprachnachricht hinterlassen, das tat sie nie. Cloud wollte sie gerade zurückrufen, als es an der Tür klingelte. Wer zum Teufel störte ihn denn jetzt? Hastig schlüpfte er in seine Hose und hatte nicht einmal Zeit sie richtig zuzumachen. Auf dem Weg durch den Flur zog er sich noch schnell ein Unterhemd über, damit er bei den Temperaturen niemandem die Augen ausstach. Er schaute nicht durch den Spion, er fragte nicht wer da sei, sondern riss gleich die Tür auf. Cloud hätte vielleicht mit einem Paketboten, einem Nachbarn auf der Suche nach einer Tasse Zucker, einem Kekse verkaufenden Pfadfindermädchen oder Zeugen Jehovas gerechnet, aber nicht mit der Gestalt, die da vor seiner Fußmatte stand und irgendwie verloren war. Das höfliche Lächeln, das er sich eben noch aufgesetzt hatte, wurde durch einen Ausdruck der Überraschung ersetzt. Er hatte ihn jetzt so lange nicht mehr gesehen, und er hatte sich verändert, aber er erkannte Coops trotzdem sofort. Clouds Blick ging von Coops Gesicht über seine Klamotten bis zu seiner Reisetasche und wieder zurück. Ob er reinkommen konnte? „Scheiße, Coops“, war das erste, was ihm über die Lippen kam. „Scheiße!“ Cloud war so überrascht, dass er nicht einmal wusste ob er sich freuen oder ärgern sollte. Er musste überlegen. Eigentlich hatte er nicht mehr so viel Zeit. Wann musste er los? In einer halben Stunde? Aber Coops unerwarteter Besuch würde nicht in einer halben Stunde gegessen sein, nahm er an. Wollte er ihn überhaupt in seiner Wohnung haben? Eigentlich nicht. Nicht nachdem Coops ihn einfach so sitzen gelassen hatte. „Komm rein“, hörte er sich dennoch sagen und zog die Tür noch ein bisschen weiter auf. „Scheiße“, murmelte er noch einmal, mehr zu sich selbst. Er half Coops nicht mit der Tasche. (Wehe er würde fragen ob er heute hier schlafen könne!) Schnell schloss er die Wohnungstür, weil vom Hausflur viel zu kalte Luft in die Wohnung strömte. Er hatte doch gerade so eine angenehme Temperatur hier drin. „Was willst du eigentlich hier?“ Er schaute Coops noch einmal an. Er hatte ihn ein bisschen anders in Erinnerung. Gedanklich hatte er ihm immer kleine Teufelshörner verpasst, wenn er zu wehmütig geworden war. RE: So many stories of where I've been - Cooper Bennett - 11.09.2025 Es dauerte einen Moment, bis die Tür sich endlich öffnete und Cloud ihn in einem viel zu luftigen Outfit gegenüberstand. Wollte der Andere sich hier draußen den Tod holen?! Und während der Andere ihn mit seinen Blicken abscannte und erst mal nicht sehr viel Konstruktives zu sagen hatte, konnte Coops einfach nur in dieses wunderschöne Gesicht sehen. Er hatte jeden verdammten Tag der letzten Monate daran gedacht. War meist mit dem Gedanken an Cloud eingeschlafen. Manchmal hatte er sogar seine Stimme im Ohr hören können. Das waren die Momente gewesen, in denen er sich gefragt hatte, ob er jetzt komplett verrückt geworden war. Endlich kamen die erlösenden zwei Worte und er griff wieder nach der prall gepackten Reisetasche, die er eben nur mit Gewalt zubekommen hatte. In der Wohnung angekommen, ließ er die Tasche achtlos und kraftlos auf den Boden fallen und sah den Anderen eine Weile an, als der ihn fragte, was er hier wollt. Es war offensichtlich, dass Cloud ihm gerade nicht so wohlgesonnen war, wie Cooper es sich erhofft hatte. Verübeln konnte er es ihm nicht. „Ich... will dir alles erklären. Und ich weiß nicht, wo ich hin soll.“ Er schluckte, während sein Herz raste. Fst war es, als wollte es Cloud in die Arme springen, nachdem es ihm viel zu lange nicht begegnet war. Wie ein Hund, der nach einem langen Tag freudig sein Herrchen begrüßte. „Ich wollte dich nicht alleine lassen. Ich... scheiße.“ Sein Magen knurrte etwas. Ein Umstand, den Coops ignorierte. Wie so oft in den letzten Monaten. Aber sein Magen war jetzt egal, was zählte, war dass Cloud die Wahrheit erfahren musste. Nur war die Wahrheit so schmerzhaft, dass er sie kaum über die Lippen bekam. Und überhaupt: Wie sollte er die letzten Monate kurz zusammenfassen? Ging das überhaupt? „Meine Eltern haben von uns erfahren. Sie... haben die Fotos gefunden. Die wir mal in diesem Fotoautomaten in der Mall gemacht haben.“ Das war ewig her. Ein warmer Frühlingstag in einem anderen Leben. „Ich wollte nicht gehen. Und ich wollte mich nicht nicht melden. Und ich bin erst gerade zurück und ich musste dich sehen.“ Klang das alles so wirr, wie es sich für ihn anfühlte? Sah er gerade so verzweifelt aus, wie er sich fühlte? Er wusste es nicht. Seine Stimme ebbte ab, die Erschöpfung war ihm in jeder Pore seines Körpers anzusehen. „Ich... es tut mir leid. Ich wollte dich sehen.“ Hatte er das schon gesagt? Er wusste es nicht. Herr Je, er wusste doch noch nicht mal, wer er überhaupt noch war. „Kann ich bei dir bleiben... eine Weile..?“ Wenn Cloud Nein sagte, musste er sich was überlegen. Er hatte hier doch niemanden. Hatte nie viele Freunde gehabt, Zuletzt waren seine Freunde vor allem Clouds Freunde gewesen und die würden ihm kaum helfen. Er konnte doch nicht mitten im Winter auf der Straße pennen? RE: So many stories of where I've been - Cloud Hazley - 11.09.2025 Wieso schaute Coops ihn eigentlich so an als wäre er ein Gespenst, wenn er es doch war der plötzlich unerwartet hier aufgetaucht war? Und was war eigentlich in Cloud gefahren, dass er ihn so einfach in die Wohnung ließ? Nachdem er ihn so lange geghostet hatte, einfach aus dem Blauen heraus? Cloud fragte sich heute noch was er falsch gemacht hatte, dass Coops einfach gegangen war. Coops kam ja nicht mal richtig rein. Er ließ einfach seine (schwer aussehende) Tasche auf den Boden fallen und ließ eine Wortschwall hervorsprudeln, immer noch im Flur stehend. Cloud stand immer noch zwischen ihm und der Haustür. Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Echt schön, dass du jetzt mal auf die Idee kommst mir zu erklären was los war. Wer hat dir eigentlich gesagt wo ich wohne?“ Hatte ihn einer seiner alten Freunde verraten? Womöglich die eigene Familie? Welch Verrat!Wenn Coops wieder weg war musste ganz dringend das eine oder andere Telefonat geführt werden. „Du hast mich aber alleine gelassen. Du bist gegangen. Und du hast dich nicht gemeldet. Haben deine Eltern gedroht dich zu enterben, wenn du weiter mit mir gehst?“ Das Thema Eltern war so eine Sache gewesen. Cloud hatte es immer gehasst, dass sie sich verstecken mussten, damit Coops Familie nichts mitbekam. Oder sonst jemand, der ihn hätte verraten können. Cloud hatte nicht verstanden wie Coops sich so wenig wert sein konnte, wie er irgendeinem antiquierten Bullshit von Ansicht nachgeben konnte. Cloud war stolz darauf wie er war und er wollte sich nicht verstecken müssen. Er hatte nie Coops schmutziges kleines Geheimnis sein wollen. Er hatte sich immer gewünscht zeigen zu können wie sehr er Coops geliebt hatte. Es täte Coops leid, sagte er. Dafür konnte sich Cloud auch kein Eis kaufen. Er wusste er hätte Absolution erteilen sollen, sagte aber nichts. Dass er ihn sehen wollte. „Hat's mit dem Letzten nicht mehr geklappt, dass du jetzt wieder bei mir ankommst?“ Das war eine seiner vielen Vermutungen gewesen. Dass Coops jemand Neuen hatte und sich nicht getraut hatte Schluss zu machen oder so. Cloud hätte diese Frage nicht stellen dürfen, das wusste er selber, aber er konnte es sich auch nicht verkneifen, weil er immer noch so stinkig war. Verletzt, enttäuscht, er fühlte sich verarscht. Ob er eine Weile bei ihm bleiben dürfe? Cloud fasste sich an die Schläfen. Wieso hatte er nur gewusst, dass das kommen würde? Die Tasche hatte Coops verraten. „Du hast echt Nerven“, murmelte er. Dann schob er sich an Coops vorbei. „Falls es dir nichts ausmacht, ich würde mir gerne was anziehen. Es ist scheiße kalt. Setz dich auf's Sofa oder so. Und zieh die Schuhe aus!“ Coops konnte es sich halbwegs gemütlich machen, aber nicht zu sehr, oder es auch lassen. Als Cloud in seinem großen Pulli steckend, wieder aus dem Schlafzimmer kam, setzte er sich auf die eine Seite des Sofas und schaute schnell auf die Uhr auf seinem Handy. Würde er es noch schaffen, oder sollte er lieber gleich seine Verabredung absagen? Er schaute wieder zu Coops und machte eine Geste, dass er da weiterreden solle wo er vorhin aufgehört hatte. „Dann lass mal hören.“ RE: So many stories of where I've been - Cooper Bennett - 12.09.2025 „Deine Mom“, antwortete er dann etwas verunsichert. Wann immer er sich dieses Treffen in der Vergangenheit ausgemalt hatte, hatte er sich nur gute Varianten erlaubt. In seiner Vorstellung hatte Cloud immer auf ihn gewartet, hatte ihn dann in den Arm geschlossen und festgehalten. So fest, dass er quasi die ganzen Dämonen, die man in seinen Kopf und sein Herz gepflanzt hatte, herausgequetscht hatte. Er wusste, dass das so nicht funktionierte. Dass er wahrscheinlich mehr brauchen würde als eine feste Umarmung. Und ihm war insgeheim auch die ganze Zeit klar gewesen, dass sein kitschiges Kopfkino nicht realistisch gewesen war. Aber in den letzten Monaten hatte ihn das am Leben gehalten, hatte ihn daran erinnert, wer er war und wofür er kämpfte. Realistische Filme hätten ihm dabei nicht geholfen. Clouds weitere Worte stachen auf ihn ein wie kleine Dolche, die sich direkt in sein Herz bohrte. Glaubte der Andere das wirklich? Dass er irgendein Erbe ihm vorziehen würde? Nie im Leben hätte er das gemacht. Cloud hatte nie verstehen können, dass er sich seinen Eltern in diesem Punkt nicht widersetzte. Dabei war es ja nicht so, als hätte Coops gar nicht rebelliert. Seine gesamte Erscheinung war eine pure Revolte gewesen. Aber er hatte immer gewusst, wie weit er gehen konnte. Cloud seinen Eltern vorzustellen wäre ein großer Schritt zu weit gewesen. Natürlich hätte er das irgendwann gemacht, aber erst wenn er mit der Schule fertig und auf dem College gewesen wäre. Wenn er sicher gewesen wäre. Was letztlich passiert war gab ihm Recht. „Denkst du das wirklich von mir?“, fragte er dann schließlich und konnte den Anderen dabei kaum ansehen. Die Angst vor der Wahrheit war einfach zu groß und zum ersten Mal im Leben wünschte er sich, dass sein Gegenüber im Zweifel einfach lügen würde um es ihm etwas einfacher zu machen. „Ich... ich hatte niemanden.“ Es war mehr ein Murmeln, als eine wirkliche Antwort. Er hatte das Gefühl mit jeder Minute kleiner zu werden. Dann nickte er jedoch leicht, zog die Schuhe aus, wuchtete die Tasche in die Wohnung und setzte sich dann wirklich aufs Sofa, wo er sich regelrecht in einer der Ecken verkroch. Er sah sich nicht in der Wohnung um, sah einfach nur auf seine Finger und fragte sich mit jeder Sekunde, die er wartete, ob es richtig gewesen war herzukommen. Aber was war bitte die Alternative? Kurz ploppte die Brücke überm Highway auf, über die der Bus eben gefahren war, ehe er dann leicht den Kopf schüttelte. Dafür hatte er sich nicht durch die letzten 15 Monate gequält. Es dauerte nicht lange, da saß Cloud am anderen Ende des Sofas und Coops blickte endlich auf um ihn anzusehen. „Ich war in so nem Scheißcamp... und ich konnte dir nicht Bescheid sagen, weil ich mein Handy nicht mitnehmen konnte. Und ich wusste auch nicht, dass das passieren würde. Die standen einfach nachts in meinem Zimmer und haben mich mitgenommen und in dieses beschissene Camp in den Bergen gebracht und dann war danach ein anderes Camp und...“ Seine Verzweiflung war greifbar, breitete sich mit jedem Wort weiter zwischen ihnen aus. „Ich bin erst heute raus gekommen und ich... ich bin sofort zu dir gekommen. Und ich weiß nicht, wo ich jetzt sonst hon soll, weil ich nicht mehr nach hause kann. Ich glaub, ich hab gar keins mehr und... scheiße..“ Er fühlte sich nach heulen, aber es kamen keine Tränen. Nicht mehr. „Bitte... du musst mir glauben. Ich wollte nicht gehen.“ RE: So many stories of where I've been - Cloud Hazley - 13.09.2025 Diese alte Hexe! Graue Haare sollen sie heimsuchen, und ganz viele Falten im Gesicht! Das könnte aber auch den Anruf erklären. Die würde sich noch was anhören können! Aber erst mal musste Cloud seinem Ex einen Arschtritt verpassen. „Ich weiß nicht was ich denken soll, schließlich habe ich nie eine Erklärung bekommen. Was meinst du was ich mir alles gedacht hab was gewesen sein könnte?“ Bei kaum einem dieser Szenarien war Coops gut weg gekommen. „Du könntest dich für deine Familie entschieden haben. Du könntest einen anderen kennengelernt haben. Du hättest plötzlich ein Auslandsjahr machen können. Zu irgendwelchen europäischen Verwandten gezogen. Ich weiß es wirklich nicht.“ All das hätte Cloud ihm eigentlich nicht zugetraut, aber da schien er sich wohl geirrt zu haben, wenn Coops nicht mit DER Ausrede daher kam. Das war doch einfach nur scheiße. Warum war Coops es denn, der so elendig aussah? „Schön, dann hattest du halt niemanden. Immerhin das.“ Ehrlich gesagt war Cloud ein wenig erleichtert. Denn mit dieser Version wäre er vermutlich gar nicht gut klar gekommen. Als er dann später etwas angemessener gekleidet im Wohnzimmer saß wirkte Cloud wesentlich gelassener als er es in Wirklichkeit war. Er hatte gedacht die Erinnerung an Coops könnte ihm nichts mehr tun, aber die ganze Zeit, die er damit verbracht hatte mit der Trennung zurecht zu kommen, war völlig umsonst gewesen. Er hatte es noch nicht ganz hinter sich, obwohl er schon lange weiter gelaufen war anstatt auf er Stelle darauf zu warten, dass Coops ihn irgendwann wieder dort abholte. Endlich sah Coops ihn auch wieder an, das erste Mal seit Cloud vor ein paar Minuten die Tür geöffnet hatte. Eindeutig ein Zeichen von Schuld, dass er seine Blick gemieden hatte. Mann, er sah echt scheiße aus. Wieso war er plötzlich so dünn? „Was für ein Scheißcamp? Und wer hat dich nachts aus deinem Bett geholt?“ Was war das hier für eine Bullshit-Geschichte? Cloud sah schwarz für sein Date an diesem Abend. Aber jetzt war er von Coops wirren Geschichte so durcheinander, dass er das jetzt auseinander dröseln wollte. Die Verzweiflung kam ihm echt vor, sowas war schwer zu spielen. Trotzdem konnte er sich noch keine Reim auf die Sache machen. Und er wusste nicht ob er die Geduld dafür aufbringen konnte, falls das hier noch länger dauerte. „Du hast 10 Minuten es mir so zu erklären, dass ich dich auch verstehe. Und ich hoffe, dass du mir nicht irgendwelchen Scheiß erzählst.“ Er wollte nicht gehen, sagte Coops. Clouds Lippen wurden zu einer schmalen Linie gepresst, die Augenbrauen zogen sich zusammen. Wollte er Mitleid von Cloud? Wollte er ihm ein schlechtes Gewissen dafür machen, dass er stinkig war? Oder war es die Wahrheit? Jedenfalls tat es weh das zu hören, dass er wirklich nicht hatte gehen wollen. Dass er Cloud nicht absichtlich weh getan hatte, und das Cloud völlig unberechtigt die ganze Zeit auf ihn wütend gewesen war. RE: So many stories of where I've been - Cooper Bennett - 13.09.2025 „Ich wäre nie ohne dich nach Europa gegangen. Oder wohin auch immer.“ Es verletzte ihn, dass Cloud so von ihm dachte. Sie waren ein Paar gewesen. Hatten sich geliebt. Wie konnte er nur so leicht davon ausgehen, dass er ihn für irgendwelche Reisen oder Geld leichtfertig fallen ließ? Oder noch absurder: Für einen anderen Typen. Er hatte nur Augen für Cloud gehabt. Warum sollte er auch jemand anderen ansehen wollen, wenn er dieses Bild eines jungen Mannes an seiner Seite hatte? Und Cloud war ja nicht nur hübsch, er war alles. Selbstbewusst und leidenschaftlich, er hatte ihn zum Lachen gebracht. Bei Cloud hatte Coops sich immer sicher gefühlt. Die Zeit, die er mit dem Anderen hatte verbringen können, waren die schönsten Stunden seines Lebens gewesen. Ganz gleich, ob er ihm beim Training zugesehen hatten, ob sie zusammen gezockt hatten oder in Clovers Küche irgendwelche Instagram-Rezepte nachgekocht hatten. Alles war besser gewesen, wenn er es mit Cloud hatte machen können. Es war nicht leicht zu Cloud durchzudringen. Wenn man bedachte, dass der in den letzten 15 Monaten wohl auch jede Menge Wut in sich hineingefressen hatte, war das wohl verständlich, aber Coops hatte gerade nicht die Nerven übrig um sich darum im Detail Gedanken zu machen. Stattdessen blickte er Cloud nun an wie ein Reh im Scheinwerferlicht, als der ihm 10 Minuten gab. Er wollte, dass Cloud wusste, was passiert war. Aber er wollte es nicht erzählen müssen. Er wusste nicht mal, ob er es konnte. „Ich...“, begann er dann und brach ab, fuhr sich kurz durch die Haare. Er zubbelte mit seinen Fingern nervös am Ärmel seiner Jacke, atmete dann doch etwas tiefer durch und sah angestrengt in Clouds Gesicht. „Da kamen diese Typen. Zwei. Es war.. irgendwie so 3 oder 4 Uhr rum und die haben mich aus dem Bett geholt. Und die hatten Handschellen und dabei und sie meinten dann, dass ichs auf den leichten oder harten Weg haben könnte. Dass das an mir liegt. Und ich hab nach meinem Dad gerufen, weil... keine Ahnung.. ich dachte, die wollen mich entführen oder so? Aber sie haben dann so einen Zettel rausgeholt mit der Unterschrift meiner Eltern. Wo stand, dass sie damit einverstanden sind. Und... ich hatte keine Chance? Was hätte ich denn machen sollen?“ Wie hätte er aus einem Haus entkommen sollen, in dem vier Erwachsene gegen ihn agierten? Seine Finger strichen mittlerweile über eine Fluse des Sofastoffs. „Ich konnte nichts mitnehmen. Kein Handy oder Geld oder so. Meine Eltern haben mit einer gepackten Tasche an der Tür gewartet und wir sind dann einige Stunden gefahren, bis wird irgendwann in Colorado angekommen sind. Das war das erste Camp und... im Grunde ist man da die ganze Zeit durch die Wildnis gewandert. Es gab nicht mal Duschen.“ Oder genug zu Essen. „So ein Junge, Phil, wär irgendwann fast abgekratzt, weil die Typen, die aufpassen sollten, dass wir uns an alle Regeln und so halten, ihm nicht geglaubt haben, dass es ihm kacke geht.“ Sein Gesicht war zwar gen Cloud gerichtet, aber er schaffte es gerade nicht ihn wirklich anzusehen. Stattdessen fixierte er irgendeinen fiktiven Punkt neben ihm. „Nach drei Monaten sind wir dann wo anders hingebracht worden. Das war so ne Einrichtung von nem Pastor oder so. Auf jeden Fall sollte man ihn Father Paul nennen...“ Er schüttelte leicht den Kopf, schluckte. Das Wilderness Camp war hart gewesen und er hatte es gehasst, aber im Vergleich zu dem, was danach gekommen war, war es ein Zuckerschlecken gewesen. Wenn er wüsste, dass es auf TikTok diverse andere Betroffene gab, die dort von ihren Erlebnissen erzählten, er hätte Cloud einfach gesagt, dass er sich das ansehen sollte. Aber Coops hatte keine Ahnung davon, stattdessen sah er nun wirklich wieder in die Augen des Anderen. Hilflos, fast schon flehend. Er wollte nicht weiterreden. Nicht jetzt. „Ich bin erst heute wieder raus. Und ich konnte niemanden kontaktieren. Aber ich bin so schnell zu dir gekommen wie ich konnte.“ War das nicht das, was zählte? Erschöpft fuhr er sich übers Gesicht, ehe er wieder zu ihm blickte. „Ich erzähl dir keinen Scheiß.“ Dass Cloud ihm vielleicht nicht glaubte war eine seiner größten Ängste. Er brauchte wenigstens ihn an seiner Seite, wenn da sonst schon niemand war. RE: So many stories of where I've been - Cloud Hazley - 13.09.2025 Er wäre nie, er hätte nie, viel zu viele Konjunktive. Tatsache war, dass Coops hatte. Er war gegangen, wohin auch immer. Cloud dachte, dass es ihn nicht mehr interessierte, aber es interessierte ihn sehr. Was war so wichtig, so gravierend gewesen, dass Coops nicht einmal den Anstand gehabt hatte zu sagen, dass es vorbei ist. Er hätte ihm ja nicht mal einen bestimmten Grund nennen müssen, obwohl das durchaus zuvorkommend gewesen wäre. Aber ein einziges Wort hätte ihm schon gereicht. Er hatte nicht einmal ein Tschüss oder ein verpiss dich bekommen. Gleichzeitig wollte Cloud die ganzen Ausreden auch gar nicht hören, die konnte sich Coops getrost in den Arsch schieben. Aber er wollte trotzdem eine Eklärung haben, das war Coops ihm schuldig. Coops sah so verloren auf dem Sofa aus. Es war das erste Mal, dass er in seiner Wohnung war. Bevor Coops verschwunden war hatte Cloud noch bei seiner Mom gelebt. Er verfluchte Clover dafür, dass sie Coops einfach so gesagt hatte wo er jetzt wohnte. Und verfluchte sich selebr dafür, weil er ihr nicht explizit gesagt hatte, dass sie weder seine Adresse noch Telefonnummer rausrücken sollte. Apropos Telefon. „Wieso hast du nicht vorher angerufen oder geschrieben?“ Wäre er dann weniger erschrocken gewesen? Er gab ihm 10 Minuten und kam sich dabei ziemlich gönnerhaft vor. Ja, er war ziemlich nachtragend, und er fand, dass er das auch sein durfte. Allerdings war das mit den 10 Minuten gelogen. Wenn er länger brauchte, und wenn Cloud ihm glaubte, dann würde er ihm auch mehr Zeit zugestehen. Coops' Worte waren jedoch schwer verständlich, weil sich seine Geschichte anhörte wie aus einem schlechten Film. Clouds linke Augenbraue wanderte immer weiter nach oben. „Hast du dir irgendwas reingepfiffen“, war seine erste Frage nach dem noch sehr groben Durchlauf von Coops' Geschichte. Handschellen, Entführung, irgendwelche Camps. „Dir ist klar, dass das sehr unglaubwürdig klingt, oder?“ So etwas passierte einem nicht einfach so. „Was für ein Camp soll das gewesen sein?“ Ein Pfadfinderlager wird’s nicht gewesen sein. Aber Coops sah so ehrlich verzweifelt aus, und Cloud meinte ihn immer noch gut genug zu kennen um zu wissen, dass er ihm so etwas nicht vorspielen würde. Er warf einen weiteren Blick auf seine Uhr. Wurde langsam knapp mit dem Date. Vielleicht mit ein bisschen Verspätung. RE: So many stories of where I've been - Cooper Bennett - 13.09.2025 „Hab keine Simkarte mehr fürs Handy.“ Sein Handy hatte zurückbekommen, nur telefonieren konnte er damit nicht. Auch Nummern waren keine mehr drauf. Unwichtig, Clouds war die Einzige, die zählte und die hatte er im Kopf. Cloud glaubte ihm nicht. Wer sollte ihm denn glauben, wenn nicht mal Cloud es konnte? Den Blick auf die Uhr bemerkte Coops. Wahrscheinlich zählte der Andere die zehn Minuten nach um zu wissen wann er ihn endlich loswerden konnte. Tatsächlich war Coops kurz davor aufzustehen und zu gehen. Was sollte er bitte sagen, damit der Andere ihm glaubte? „Ich lüge dich nicht an“, sagte er dann schließlich so leise, dass er sich nicht mal sicher war, ob Cloud es hören konnte. „Ich.. hab doch gesagt... das war ein Camp, wo Eltern ihre Kinder hinschicken, die sie hassen. Damit sie irgendwie wieder zurechtgebogen werden.“ Die Versuche ihn zurechtzubiegen waren schmerzhaft gewesen auf jeden Art, auf die man Schmerzen empfinden konnte. Verloren sah er ihn an. „Ich weiß nicht, was du hören möchtest. Ich war da eingesperrt, Cloud. Es gab da keinen Weg raus oder irgendein Telefon oder so. Und man durfte nur den Eltern schreiben und die Briefe wurden vorher kontrolliert.“ Er schüttelte leicht den Kopf. „Ich hab versucht abzuhauen, dafür haben sie mich zwei Monate lang weggesperrt. Sie haben mir weh getan, sie haben... scheiße, was muss ich machen, damit du mir glaubst?“ Die zwei Monate nach seinem Ausbruchsversuch waren die Schlimmsten gewesen. Bis heute wusste er nicht, wie er das überstanden hatte ohne verrückt zu werden. Oder war er verrückt? Er wusste es nicht. Was er wusste, war dass er sich gerade etwas in Rage redete. „Ich hab darin jeden verdammten Tag an dich gedacht, okay? Ich wollte zu dir. Ich wollte nichts mehr.“ Er strich sich mit dem Arm über die Augen, als er doch merkte, wie Tränen kamen. Tränen, die er nicht haben oder zeigen wollten, weil sie in den letzten Monaten verboten gewesen waren und sich das in ihm festgesetzt hatte. Er atmete etwas schneller, seine Hände ballten sich zu Fäusten. „Willst du Beweise? Bitte.“ Er stand auf, zog die etwas zu groß gewordene Winterjacke aus und warf sie über die Rückenlehne des Sofas, ehe er sich umdrehte und seinen Pullover anhob um die Narben auf seinem Rücken zu offenbaren. Er kniff die Augen zusammen, versuchte so Tränen wegzudrücken, während seine Schultern schon bebten. Er ließ den Stoff wieder los, öffnete die Augen und sah zu Cloud. „Bitte. Hilf mir. Ich weiß nicht weiter... bitte.“ Und nun stand er doch hier wie ein Häufchen Elend, mit Tränen, die über seine Wangen liefen. Wenn Cloud ihm jetzt noch nicht glaubte, würde er wohl gehen. Sich mit müden 23 Dollar, die er noch hatte irgendwie durchschlagen. Auch wenn er keine Ahnung hatte, wie er das anstellen sollte. RE: So many stories of where I've been - Cloud Hazley - 13.09.2025 Wie sollte man auch glauben was Coops ihm da auftischte? So ein hanebüchener Unsinn. So etwas passierte in Filmen, nicht im echten Leben. Bzw. es war so unwahrscheinlich, dass es nicht das war, woran Cloud als erstes denken würde. Aber er kam trotzdem nicht damit klar wie verzweifelt Coops war. Man könnte Mitleid mit ihm haben, wenn man nicht dachte, dass er einem etwas vorlog. „Ich weiß auch nicht was ich hören möchte. Die Wahrheit. Oder dass du mich nicht mehr wolltest,weil es einfacher zu akzeptieren ist.“ Cloud zuckte mit den Schultern. Aber mit jedem Satz von Coops bröckelte seine Abwehr mehr und mehr. Und, oh, dann kamen die Tränen. Nein, nein, nein, das konnte er jetzt echt nicht gebrauchen. „Du musst dich echt nicht...“ Er brachte den Satz nicht einmal zu Ende, schon hatte der andere seine Rücken freigelegt und zeigte ihm die sichtbaren Beweise seiner Geschichte. Fuck! Cloud wünschte sich, dass Coops ihm egal genug wäre, dass er ihm nicht leid tun würde, aber Pech gehabt. Scheiße aber auch! Er konnte sich das Elend nicht angucken. Tat ihm ja selber irgendwie weh. Er hatte Coops so schnell bei der Hand gefasst und zurück auf das Sofa gezogen, und schloss seine Arme um ihn. Völlig besänftigt war er immer noch nicht, weil er immer noch nicht begreifen konnte was passiert war, aber Coops weinte! Ob das Rotzspuren auf seinem frisch aus dem Schrank geholten Pulli geben würde? Das Date konnte Cloud jetzt aber auf jeden Fall vergessen. War ihm gerade aber auch egal. „Deine Eltern haben dich da hingeschickt? Weil sie Fotos von uns gefunden haben?“ Er wusste ja, dass Coops sich nie getraut hatte ihnen was zu sagen, aber Cloud hatte nie die Tragweite dessen erahnen können, was passieren würde wenn sie es herausfänden. Kein Wunder, dass er ihn nie ihnen hatte vorstellen wollen. Trotzdem konnte er es nicht richtig begreifen, weil es in Clouds Welt, in der er aufgewachsen war, keine bigotten Arschlöcher gegeben hatte. Er wusste nicht, ob er Coops einfach so bei sich aufnehmen wollte, wenn er nirgendwo hin konnte, aber rauswerfen konnte er ihn ja auch nicht. Er wischte Coops die Tränen von den Wangen und holte unter dem Couchtisch eine Packung Taschentücher hervor. Die hatte er nicht dort stehen weil er sich irgendwelche rührseligen Filme anzusehen pflegte. „Hier. Putz dir die Nase, bevor du alles vollrotzt.“ Und während Coops sich schnäuzte tippte Cloud eine kurze Nachricht an sein Date. Ja, sorry und so, kam ein Notfall dazwischen. Er würde sich später nochmal melden. So viel zu dem Besuch in der Tacobar mit eventuell anschließenden Bettaktivitäten. Er versuchte sich damit zu trösten, dass der Typ auf seinen Profilbildern eh nicht sooooo gut ausgesehen hatte. Und was machte er jetzt mit Coops? „Brauchst du irgendwas? Essen? Dusche?“ Cloud war gerade genau so hilflos wie Coops. |