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RE: So many stories of where I've been - Cooper Bennett - 13.09.2025 Clouds Stimme sagte, dass er bleiben solle, sein Körper sagte etwas anderes und Coops wusste nicht, wem er gerade mehr Stellenwert zugestehen solle. Letztlich entschied er sich für die Stimme, vor allem weil er doch wirklich kaum eine andere Wahl hatte. Die Musik, die kurz darauf auf dem TV lief, füllte die schwere Stille zwischen ihnen. Coops verzweifelter Versuch ein unverfängliches Gespräch zu beginnen, schlug dann aber auch irgendwie fehl, weil gerade alles falsch zu sein schien, was er sagte. „Tut mir leid“, entschuldigte er sich also und biss sich dann kurz ertappt auf die Unterlippe. Er sollte das doch nicht mehr sagen. Scheiße man, er fühlte sich gerade wie ein verdammter Alien. „Wir hatten da nicht so viel Musik.“ Und vor allem nicht irgendwas, was gerade auf MTV lief. Coops hatte Musik immer geliebt, hatte im Grunde jede freie Minute Musik um sich gehabt. Und ohne, dass er es merkte, bildete sich ein winziges, kleines Ziel in seinem Kopf: Musik hören können. Wann er wollte, was er wollte. Musik wurde allerdings von Clouds harschem Ton schnell aus seinen Gedanken verbannt, während er bei jedem Wort des Anderen etwas mehr in sich zusammensank. Als wäre jedes Wort ein Fausthieb in seine Magengrube. „Okay“, gab er dann schließlich so leise klein bei, dass man ihn im Grunde kaum hören konnte. Und zeitgleich wusste er nicht, ob er es wirklich aushalten würde hier zu bleiben. Nicht wenn Cloud so war. Ihm war klar, zumindest irgendwo in einer Ecke seines Hirns, dass Cloud nichts dafür konnte. Dass es für ihn auch nicht leicht gewesen war, dass seine Wut ihm wahrscheinlich geholfen hatte die unfreiwillige Trennung zu verarbeiten, aber trotzdem hatte er dieser Wut gerade nichts entgegenzusetzen. Ihm fehlte die Kraft gerade mehr zu tun als betreten auf seine Finger zu blicken. Er blickte auch nicht auf, als er das nicht mehr so scharfgestochene Scheiße hörte. Die Frage nach einer Umarmung wurde mit einem leichten Schütteln des Kopfes beantwortet. Er wollte, dass er eine Umarmung wollte. Aber jetzt gerade traute er sich das nicht zu. Würde Cloud ihn verstehen, wenn er wüsste, was in den letzten 1 1⁄2 Jahren alles passiert war? Wäre er irgendwann in der Lage ihm alles zu erzählen? Und wenn, würde Cloud ihm zuhören? Wenn nicht, würde irgendwer es tun? Wie könnte jemand ihm zuhören wollen, ihm etwas Liebe schenken können, wenn noch nicht mal Cloud es hinbekam? „Du hast mir gefehlt“, sagte er dann schließlich leise und etwas gebrochen, während er noch immer wie ein Häufchen Elend in der Ecke des Sofas saß. Clouds harsche Worte, sie hatten ihm fürs Erste den Rest gegeben. RE: So many stories of where I've been - Cloud Hazley - 13.09.2025 Cloud wusste selber nicht so recht was er wollte. Natürlich wollte er Coops wieder loswerden, er war zurück in Clouds Leben getreten, nachdem er mühsam die Scherben wieder aufgesammelt hatte. Cloud hatte jetzt ein eigenes Leben, eines ohne Coops. Und er mochte sein Leben wie es war! Andererseits konnte er noch so oft behaupten, dass sein Ex ihm nichts mehr bedeutete. Das zu sagen war so viel einfacher gewesen als er noch verschwunden war. Was man nicht vor der Nase hatte konnte man besser hassen. Cloud fand es scheiße, dass er doch noch irgendwie an dem anderen hing. Wenn dem nicht so wäre hätte er Coops schon längst mit einem Fußtritt vor die Tür befördert. Aber Cloud hatte noch etwas für ihn übrig, dummerweise. Fand er gar nicht so berauschend. Deswegen war das, was er sagte, auch so ein Unterschied zu dem, was sein Körper tat. „Du entschuldigst dich schon wieder“, motzte er halbherzig. Er wusste, dass er gerade schwierig war, aber Coops doch auch! Coops war einfach nicht... Coops. Cloud hatte keine Ahnung wen er da vor sich hatte, aber das war nicht der Junge, mit dem er getanzt hatte, den er geküsst hatte, mit dem er Arm in Arm eingeschlafen war. Und das tat richtig weh. Cloud sah hauptsächlich seinen eigenen Schmerz, aber Coops litt auch, und wie sollte er damit bloß umgehen? Und dann wollte er noch nicht einmal eine Umarmung haben, wo Cloud schon über seinen gigantischen Schatten sprang und es anbot. Dann eben nicht! Aber irgendwie... Keine Ahnung, vielleicht wollte er ja eine Umarmung? Verbissen starrte er auf seine Beine, als Coops leise sagte, dass er ihm gefehlt habe. Cloud hob den Kopf und schaute das Häufchen an, das sich auf seinem Sofa eingekugelt hatte. Sein Herz tat ihm weh. Eigentlich wollte er ihm antworten, dass ihm das recht geschähe, und dass er garantiert sowas von über ihn hinweg war, aber wenn er ihn so betrachtete, dann wollte er beinahe all seine Ablehnung über Bord werfen. Sein verletztes Ego war stärker. Und trotzdem streckte er verstohlen eine Hand aus und schlich sich unter die Decke, in die Coops sich gewickelt hatte. „Vielleicht hast du mir auch ein bisschen gefehlt“, nuschelte er so leise und undeutlich, dass kein Wort zu verstehen war. Seine Finger ertasteten etwas, das ein Arm oder ein Bein sein konnte. Cloud hasste sich gerade dafür, dass er einen Schritt auf Coops zu machte, und hätte sich genau so gehasst, wenn er es nicht getan hätte. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, wurde aber von der Türklingel unterbrochen. Erleichtert atmete Cloud auf, als er vom Sofa sprang und sich zur Tür flüchtete. In den 2-3 Minuten, die es dauerte, bis der Lieferant die Treppen hoch kam und der Austausch stattfand, musste Cloud sich nicht mit dem auseinandersetzen, was ihn heute heimgesucht hatte. Er konnte aber nicht weiter verdrängen, als er mit zwei Pizzen in der Hand wieder zurück ins Wohnzimmer kam. Immerhin musste er noch nichts sagen, als er die Kartons auf dem Wohnzimmertisch abstellte und aus der Küche Papiertücher holte. Pizza war eine fettige Angelegenheit, und er wollte keine Fettflecken auf seinem Sofa haben. Cloud setzte sich wieder auf seinen Lieblingsplatz, da, wo man die Beine so schön ausstrecken konnte, drückte Coops Küchentuch in die Hand und öffnete den ersten Pizzakarton. „Das ist meine“, erklärte er und schob Coops den anderen Karton zu. Hoffentlich mochte er immer noch das gleiche wie früher. RE: So many stories of where I've been - Cooper Bennett - 13.09.2025 Er wusste doch, dass er sich gerade ständig entschuldigte. Das Wissen darum half ihm aber nicht, damit aufzuhören. Tatsächlich öffnete er schon wieder seinen Mund um dafür um Verzeihung bitten zu können, dass er sich die ganze Zeit entschuldigte, schaffte es aber die Worte zu schlucken, bevor sie ihren Weg nach draußen gefunden hatten. Stattdessen kauerte er sich noch etwas enger zusammen, machte sich kleiner ohne das überhaupt selber zu realisieren. Nicht sagen zu können, was er gerade dachte, half einfach nicht aus sich rauszukommen und hier anzukommen. Hätte Cloud ihm gesagt, dass er es war, der gerade eine Umarmung wollte oder gar brauchte, Coops hätte sie ihm gegeben. Er hätte sich sogar bemüht, dass der Andere nicht gemerkt hätte, wie unangenehm dieser Kontakt für ihn gerade war. Aber Cloud sagte nichts in der Richtung und so kam es nicht zu einer Umarmung. Stattdessen sagte er ihm, dass er ihm gefehlt hatte und bekam als Antwort irgendwas, was er nicht verstehen konnte. Hatte Cloud ihn auch vermisst oder hatte er gerade so was gemurrt wie 'So sehr kannst du mich ja nicht vermisst haben, sonst wärst du abgehauen und zu mir gekommen'? Mit einem fragenden Ausdruck im Gesicht sah Coops zu seinem Freund... Ex-Freund...? zu seinem Cloud, fand dort aber nicht die Antwort. Stattdessen zuckte er zusammen, als er plötzlich Finger an seinem Bein spürte. „Entsch.. ich mein... so.. also... ich hab mich erschreckt.“ War Cloud eigentlich klar, wie verdammt schwer es ihm gerade fiel, sich nicht dauernd zu entschuldigen? Noch nie zuvor war das Klingeln an der Tür so erleichternd gewesen und sobald Cloud aufgesprungen war um zur Tür zu eilen, atmete Coops tief durch. Das hier war so verdammt schwierig. Aufmerksam beobachtete er jede Bewegung des Anderen, als der mit der Pizza zurückkam. Coud bewegte sich einfach unglaublich schön. Nicht nur, wenn er tanzte, sondern auch wenn er einfach Pizza auf einen Tisch legte. Er hatte diese Anmut des Anderen schon immer verehrt. Sogar jetzt, wo er so viel von sich verloren hatte, kam er nicht umhin das zu erkennen. Cloud war schön. Mehr als schön. Er war so vieles, was Coops liebte. Manches davon war er selber einmal gewesen. Selbstsicher zum Beispiel. Davon war gerade nicht viel übrig. Überhaupt war nicht viel von ihm übrig und er wollte so sehr, dass Cloud ihm half, diese Teile wiederzufinden. Aber.. verlangen konnte er das nicht. Nichts konnte er von Cloud verlangen, weil Cloud nichts falsch gemacht hatte. Er öffnete den Pizzakarton und sah den Inhalt erst mal einfach nur an. Das war seine Pizza. So hatte er sie meistens bestellt. „Du erinnerst dich dran...“, sagte er dann leise, kaum hörbar und auch wenn er es nicht wollte, fühlte er, wie sich seine Augen mit Tränen füllten, die er schnell wegwischte. Hatte Cloud hoffentlich nicht mitbekommen. „Kann... darf ich dich jetzt umarmen?“ Es würde auch jetzt nicht nur angenehm sein, aber gerade wollte er so gern, dass es zumindest etwas angenehm war. Weil die Tatsache, dass Cloud sich an seinen Lieblings-Pizzabelag erinnerte, dass schönste und aufmerksamste war, das ihm in den letzten Monaten passiert war. RE: So many stories of where I've been - Cloud Hazley - 13.09.2025 Er mochte es nicht, er mochte die ganze Situation nicht. Er mochte nicht, dass er einfach so ins kalte Wasser gestoßen worden war. Warum hatte Coops ihn nicht von Clover aus angerufen? Wieso hatte seine Mutter ihn nicht vorgewarnt? Nein, Cloud wurde mit Coops' Rückkehr direkt ins Gesicht geboxt. Das war doch nicht fair! Coops hatte sich innerlich auf das Wiedersehen vorbereiten können, Cloud war dies verwehrt geblieben. Aber vermutlich hätte er sich, hätte er es vorher gewusst, strikt geweigert dem anderen die Tür zu öffnen und sich tot gestellt. Oder trotzdem geöffnet, weil er nicht ausgehalten hätte es nicht zu tun. Manchmal wusste Cloud einfach nicht was er wollte, obwohl er es genau so oft ganz genau wusste. Wie viele Olivenzweige sollte er denn eigentlich noch reichen? Cloud war der Meinung, dass er sich hier gerade wirklich Mühe gab. Sein Gesicht verfinsterte sich und es bildete sich eine (wohlgemerkt hübsche) Falte zwischen seinen Augen, als Coops sich tatsächlich schon wieder entschuldigen wollte. Für das Zusammenzucken. Das Zucken selber war es allerdings, das Cloud mehr Probleme machte. Früher war es einfach gewesen, wenn ein bisschen Knatsch gewesen war, einfach die Hand nach dem anderen auszustrecken, ihn sanft zu pieken oder mit den Fingerspitzen vorsichtig zu streicheln. Jetzt aber war die Berührung unerwünscht, und das macht Cloud schon wieder pissig. „Erschreckt am Arsch.“ Coops wollte doch einfach nur nicht. Vielleicht war die Pizza wirklich ihre Rettung, mit vollem Mund sprach man schließlich nicht. Er beobachtete Coops, weil er es nicht schaffte nicht hinzusehen, obwohl er doch lieber so tun wollte, als wäre es ihm egal. „Natürlich erinnere ich mich“, meinte er patzig und beobachtete das verdächtige Glitzern in den Augen, genau so wie die verräterische Geste des Augen reibens. Gut, sollte er heulen, geschah ihm recht, dachte Cloud patzig. Ob er ihn umarmen durfte? Gespielt gleichgültig zuckte er mit den Schultern, aber er wollte die Umarmung. Cloud öffnete die Arme und wartete auf Coops. RE: So many stories of where I've been - Cooper Bennett - 13.09.2025 Clouds Ablehnung tat ihm weh. Es fühlte sich an, als würde er stetig mit einem dicken Ast auf sein Herz einschlagen. Ob er merkte? Es in seinen Augen lesen konnte? Coops wusste es nicht. „Ich hab mich wir..“, begann er dann und brach schließlich mitten im Satz ab. Es war einfach so ermüdend Cloud davon zu überzeugen, dass irgendetwas wirklich der Wahrheit entsprach. Vielleicht würde er morgen genug Kraft dazu haben, aber gerade steckten ihm die letzten 1 1⁄2 Jahre noch zu sehr in den Knochen. Er war nicht einfach nur müde, er war regelrecht erschöpft. Wer hätte gedacht, dass Pizza die Wogen würde glätten können und dass es ihn so sehr berühren würde, dass Cloud sich noch an seinen Lieblingspizzabelag erinnern konnte? Und so wartete er kurz, bis sich die Arme des Anderen öffneten und umarmte ihn dann schließlich. Die Augen musste er schließen, Cloud mit offenen Augen zu umarmen ertrug er noch nicht. Und auch so fiel es ihm unglaublich schwer. Er wollte nicht, dass es schwer war. Cloud zu umarmen sollte das leichteste der Welt sein. Nicht nur, weil der Ältere ein wirklich guter Umarmer war, sondern auch weil er das Gefühl von früher zurück haben wollte. Da hatte es sich so angefühlt, als hätten Clouds Berührungen einen warmen Mantel aus Wolle um sein Herz gestrickt. Es war nicht fair, dass das nicht mehr so war. Irgendwann lösten sie sich voneinander und Coops rutschte fast schon verlegen zu seiner Pizza zurück, sagte leise Danke und wünschte Cloud einen guten Appetit, während er auf die Pizza sah, als wäre sie ein Königsmahl. Ein paar Momente betrachtete er die Kunst der italienischen Küche einfach, ehe er ein Stück aus dem Karton nahm und begann zu essen. Der erste Biss glich einer Geschmacksexplosion. Fett! Pures Fett auf seinen Lippen. Er merkte erst jetzt, wie sehr normales, gutes Essen ihm gefehlt hatte. RE: So many stories of where I've been - Cloud Hazley - 13.09.2025 Es war alles so schwierig und so ganz anders als er es sich immer vorgestellt hatte, ihr Wiedersehen. Irgendwann hatte Cloud die Hoffnung aufgegeben, dass es überhaupt noch ein Widersehen geben würde. Und jetzt saßen sie hier und nichts war mehr so wie früher, sie waren beinahe wie zwei Fremde. So distanziert waren sie nicht einmal gewesen als sie sich kennengelernt hatten. Cloud mochte das alles nicht, schaffte es aber auch nicht über seinen Schatten zu springen und zu vergeben und vergessen, weil er einfach nicht vergessen konnte was Coops' Verschwinden mit ihm gemacht hatte. „Was hast du“, fragte er nach, als der andere einen Satz begann und nicht zuende brachte. Clouds Stimme klang müde, weil er keinen Bock auf das hier hatte, so wie es war. Die Umarmung hätte vielleicht etwas retten können, schaffte es aber nicht. Cloud hätte Coops wirklich gerne so umarmt wie früher, als ob alles in Ordnung wäre, aber Coops fühlte sich ganz anders in seinen Armen an, steif, unentspannt. Da hätte er auch einen Klotz Holz in die Arme nehmen können. Cloud bekam nicht das zurück was er verloren hatte, und das tat weh. Es tat mehr weh als er zugeben wollte, mehr als er dem anderen zeigen wollte. Er schluckte den Drang hinunter Coops enger an sich zu ziehen, blinzelte das Brennen in den Augen weg und ließ dann schließlich los, als auch Coops losließ. Die Pizza würde sonst noch kalt werden. „Bitte“, murmelte Cloud. Das war nicht das Essen, das für heute geplant war. Das war nicht der Abend, den er geplant hatte. Das hier tat viel mehr weh und machte ihn so wütend. Finster kaute er auf einem Stück Pizza herum, wohl darauf bedacht nichts auf das Sofa fallen zu lassen. Coops indessen sah so aus als würde er gerade zum ersten Mal eine Pizza essen. „Ist sie gut“, fragte Cloud, nur damit es nicht so still zwischen ihnen war, ganz bestimmt nicht weil er Konversation betreiben wollte. Coops sah auf seinem Sofa so fehl am Platz aus. Er erinnerte sich noch daran, dass Coops in seinem alten Kinderzimmer so gewirkt hatte als würde er einfach dort hingehören. In der neuen Wohnung musste er erst noch Raum für sich schaffen. War nur die Frage ob Cloud ihn so lange hier behalten wollte, bis Coops hier quasi Zuhause war. Zumindest war das in seinem Plan für die nähere Zukunft noch nicht vorgesehen. RE: So many stories of where I've been - Cooper Bennett - 13.09.2025 „Weiß nicht, hab’s vergessen“, antwortete Coops dann auf die Frage hin. Natürlich wusste er ganz genau, was er hatte sagen wollen. Nämlich dass er sich wirklich erschreckt hatte. Aber es war doch müßig den Anderen von Dingen zu überzeugen, die ohnehin gerade nichts an der bescheidenen Gesamtsituation änderten. So hatte er sich das einfach nicht zwischen ihnen vorgestellt. In seiner Vorstellung war ihr Wiedersehen immer eine Quelle der Heilung gewesen. Der Heilung, die seine Seele gerade so dringend brauchte. Zumindest das, was von seiner Seele noch übrig war, die in den letzten Monaten so viele Risse und Schrammen davon getragen hatte. Seine Seele war im Krieg gewesen und Cloud konnte ihm gerade nicht das so bitter benötigte Lazarett bieten. Kurz, nur ein winzigen Augenblick, glaubte Coops nach dem Versuch einer Umarmung ein verdächtiges Glänzen in den Augen des Anderen erkennen zu können. Es war allerdings so schnell verschwunden, wie es gekommen und so ging er davon aus, es sich nur eingebildet zu haben. Vielleicht, weil er wollte, dass Cloud die Sache hier so sehr berührte, wie es bei ihm der Fall war. Weil der Gedanke, dass das Alles hier den Tänzer kalt ließ unglaublich weh tat. Er wollte nicht, dass es Cloud schlecht ging, aber er wollte sehen, dass er ihm etwas bedeutete. „Ja, die Pizza ist gut“, erklärte er dann in die unangenehme Stille hinein. Kurz sah er auf den Fernseher, dann wieder zu Cloud. „Hast du eine Serie, die du gerade gerne guckst? Hast du dir Ragnarök weiter angesehen?“ Die hatten sie damals zusammen gesehen und mitten drin aufhören müssen, weil er verschwunden war. Er ging nicht davon aus, dass sie nun einfach dort weitermachten, aber Cloud zuliebe wollte er das Gespräch irgendwie aufrecht erhalten, auch wenn er gerade einfach nur müde und erschöpft war. Schlafen würde ohnehin nicht können, denn auch wenn sein Körper regelrecht um Ruhe bettelte, war sein Kopf viel zu aufgewühlt. RE: So many stories of where I've been - Cloud Hazley - 13.09.2025 „Am Arsch vergessen“, murmelte Cloud vor sich hin. Aber seinetwegen, sollte Coops ihm und sich selbst doch die Hucke vollügen, das konnte die ganze Situation auch nicht mehr schlimmer machen. Cloud war pissig. Cloud war traurig und verletzt. Und Cloud war wütend auf Coops, auf coops‘ Eltern, auf Clover und nur ein winzig kleines bisschen auf sich selber. Er war hier schließlich das Opfer! Gut, Coops auch irgendwie, aber Coops wurde gerade nicht ungefragt mit seiner Vergangenheit überfallen. Eigentlich hatte Cloud gedacht, dass er darüber hinweg wäre, dass sein Ex ihn nicht mehr jucken würde, aber da hatte er sich offenbar geirrt. Es tat immer noch weh, schließlich hatte es nie eine Erklärung gegeben, keine Aussprache, und jetzt wollte er das auch nicht mehr. Dachte Cloud zumindest. Und er war auch niemals nicht kurz davor gewesen ein paar Tränen zu verdrücken. Immerhin schmeckte die Pizza. War eine der besten, zumindest Clouds sehr gewichtiger Meinung nach. Er hatte schon fast alle Pizzerien in der Gegend ausgetestet, und das hier war die beste Pizza, die er bisher hatte finden können. Vielleicht hatte Coops so eine gute Pizza gar nicht verdient. Vielleicht doch. Ach, was wusste Cloud schon? Es war gerade alles einfach so schwierig. „Squid Game war gut. Haben alle geguckt.“ Dann zuckte er mit den Schultern. „Sonst keine Ahnung.“ Er hatte sich einiges angesehen, auch Serien, die er gemocht hatte, aber so richtig gefesselt hatte ihn nicht viel. Und es hatte ihm gefehlt, dass niemand neben ihm war, der seine Kommentare zu dem Geschehen auf dem Bildschirm mitteilte. “Ragnarök hab ich nicht weitergesehen“, meinte er. Er hatte es versucht, aber nach zwei Folgen aufgegeben, weil es einfach nicht das Gleiche war, und weil Coops es mit ihm zusammen hätte ansehen sollen. Der Liebeskummer war stärker gewesen als der Wunsch den Rest der Serie zu gucken. Und mittlerweile wusste Cloud auch schon gar nicht mehr wo sie aufgehört hatten. Es war so schwer sich zu unterhalten, wenn die Pausen zwischen ihnen so komisch und unangenehm waren. Nicht einmal der Fernseher konnte etwas daran ändern, aber immerhin konnte man verbissen auf das Bild starren, nur um ja nicht Coops ansehen zu müssen. Andererseits konnte Cloud ihm so auch keine finsteren Blicke zuwerfen. Schade, dass man nicht alles haben konnte. Wen das ginge, dann wäre Coops nie weg gewesen. Oder wenn doch, dann wäre er jetzt nicht hier. Oder aber, meldetete sich ein ganz kleines Stimmchen in Clouds Kopf, lägen sie sich jetztin den Armen und alles wäre wieder gut. So ein Bullshit. Nachdem er 3⁄4 seiner Pizza vertilgt hatte, klappte Cloud den Deckel zu und stellte den Karton auf dem Couchtisch ab. Er war satt. „Und was machen wir jetzt“, fragte er beinahe hilflos. Ja, was machten sie jetzt? Was würde mit ihnen passieren? RE: So many stories of where I've been - Cooper Bennett - 13.09.2025 Hätte er nur ein klein wenig mehr Mut in den Knochen gehabt, er hätte gefragt, ob Clous mit ihm Ragnarök weitersehen wollte. Aber gerade fühlte er sehr weit davon entfernt mutig zu sein. „Worum geht’s in Squid Game?“, fragte er dann also, damit sie nicht wieder in so ein unangenehmes Schweigen verfielen. Er würde so gerne die ganze Zeit Clouds Stimme hören, weil er so lange darauf hatte verzichten müssen. Die Gespräche, die sie in seinem Kopf geführt hatten, waren nicht ausreichend gewesen um darüber hinwegzutrösten, dass er ihn nicht wirklich hatte hören können. Er hatte so vielen an ihm vermisst, Clouds Finger auf seiner Haut, seine Lippen auf seinen. Wie weich sich sein Haar anfühlte, wie ansteckend sein Lachen sein konnte, wie betörend er roch. Nicht weil er einen besonders guten Geschmack hatte, was Parfums oder Deos anging, es war Clouds ganz eigener Körpergeruch der Cloud am besten gefiel. Von seiner Pizza hatte er nicht viel geschafft. Sein Magen war so viel einfach nicht mehr gewohnt und so war die Hälfte der Pizza im Karton auf dem Tisch gelandet, wo bereits Clouds Pizza wartete. Die Frage des Anderen konnte er gerade nur schwer beantworten. „Ich weiß nicht“, sagte er also vorsichtig und merkte gar nicht, wie seine Finger sich am Sofa festhielten. Keine Antwort auf eine Frage zu haben war in den letzten Monaten nicht immer gut gewesen. „Was würdest du machen, wenn ich nicht hier wäre und dein Date abgesagt hätte?“ Die Frage zu stellen fiel ihm schwer. Seine Lippen wollten genauso wenig aussprechen, dass der Tänzer ein Date mit einem Anderen gehabt hatte, wie sein Herz es wahrhaben wollte, dass er nicht auf ihn gewartet hatte. Er selber fühlte sich gerade unglaublich müde. Vor allem jetzt wo die halbe Pizza schwer in seinem Magen lag. Am liebsten würde er sich einfach hinlegen und versuchen zu schlafen. Sein Schlaf war in den letzten Monaten kein sicherer Ort für ihn gewesen. Es fiel ihm schwer einzuschlafen, vor allem, wenn es dunkel war. Allgemein mochte er die Schlafenszeit nicht mehr. Früher war das anders gewesen, vor allem wenn er bei Cloud übernachtet hatte und sich an ihn kuscheln konnte. Das war immer so wunderbar entspannend gewesen. Die Gespräche, die sie flüsternd im Bett geführt hatten, waren meist mit ihre Besten gewesen. Das Alles schien ewig her zu sein. Im Camp hatte es nachts Zimmerkontrollen gegeben um sicherzustellen, dass alle artig und züchtig in den Betten geblieben waren. Im besten Fall hatte man nur kurz reingesehen, manchmal hatte man aber auch abstruse Gründe gefunden Disziplinierungsmaßnahmen anzuordnen. Einmal hatte er vier Stunden bis zum Morgen an der Wand des Zimmers stehen müssen, weil man gesehen habe, dass er unzüchtige Gedanken gehabt hatte. An anderen Nächten hatten sich die Aufsichtspersonen auf einen gelegt. Nicht weil man etwas falsch gemacht hatte, sondern einfach nur um solche Formen von Körperkontakt negativ zu verknüpfen. Er hatte es gemocht, wenn Cloud auf ihm gelegen hatte, wenn er dabei sein vom Sex verschwitztes Haar hatte streicheln können. Gerade konnte er sich nicht vorstellen diese Gefühl irgendwann mal wieder ertragen zu können. Er hätte nicht herkommen sollen. Was hatte er sich überhaupt dabei gedacht? Reichte es nicht, dass er selber unter dem Geschehenen leiden musste? Wieso sollte er diese Last auch noch Cloud aufhalsen. Am besten wäre es für ihn bestimmt, wenn er morgen gehen und nie wieder in sein Leben treten würde. Allein der Gedanke schnürte ihm regelrecht die Kehle zu. Der Gedanke an Cloud war das Einzige, was ihn die letzte Zeit am Leben gehalten hatte. Was blieb ihm denn, wenn er das auch noch verlor? Er hätte sich einfach den Strick geben sollen. Eine böse Stimme in ihm sagte, dass sogar Cloud das so sehen würde. „Möchtest du wirklich nicht, dass ich gehe?“, fragte er schließlich, nachdem er eine Weile abwesend und gefangen in seinen düsteren Gedanken an die Wand gestarrt hatte. RE: So many stories of where I've been - Cloud Hazley - 13.09.2025 Hätte Coops ihn gefragt, dann hätte Cloud die Serie vielleicht irgendwann mit ihm zu Ende angeschaut. Aber er fragte nicht, war vermutlich auch besser so, weil Cloud jetzt gerade sowieso Nein gesagt hätte. Denn für ihn war der Plan immer noch, dass Coops zwar heute hier schlafen würde, vielleicht auch noch ein, zwei Tage mehr, aber dann wieder verschwand, weil Cloud ihn nicht wirklich hier haben wollte. Irgendwie dann aber auch doch. Er wusste gerade nicht, was er wirklich wollte, und fand das ziemlich scheiße. Es war wesentlich einfacher eine Kurzversion von Squid Game zum Besten zu geben. „Ist eine koreanische Serie. Irgendwelche Leute, die Geld brauchen, werden eingeladen welches zu gewinnen, indem sie gegeneinander in Kinderspielen antreten. Und die, die verlieren, sterben, bis nur noch einer übrig ist. War echt gut.“ Ein prüfender Blick von der übrig gebliebenen Pizza hinüber zu Coops, ein leichtes Schnauben, aber Cloud sagte nichts davon, dass er extra das Geld dafür ausgegeben hatte, aber hey, man konnte sie immer noch später kalt essen, oder noch besser, am nächsten Tag zum Frühstück. Warum war Pizza vom Vortag zum Frühstück eigentlich so toll? Keiner der beiden hatte Ahnung, was sie miteinander anstellen sollten. Cloud hatte zwar Ideen, aber keine davon war wirklich umsetzbar. Coops gleich wieder vor die Tür setzen, z.B. Oder ihn anschreien, wie er es wagen konnte sich ausgerechnet jetzt wieder hier blicken zu lassen, wo Cloud doch gerade zufrieden mit sich und dem Leben war, als er dachte, dass er seinen Ex endlich hinter sich hatte lassen können. Ein Teil von ihm wollte Coops in die Arme nehmen und nicht mehr loslassen, aber der Teil von Cloud wurde gnadenlos von allen anderen Teilen niedergeschrien. Coops' Frage beantwortete er, ohne sich die Mühe zu machen es schonend zu verpacken. „Wenn er abgesagt hätte, dann hätte ich vermutlich versucht jemand anderen zu finden, der heute Zeit und Bock auf Sex hat.“ Er zuckte mit den Achseln. Er würde lügen, wenn er abstritt hauptsächlich auf Sex aus zu sein. Für Beziehungen hatte er seit Coops jedenfalls nicht mehr viel übrig, da könnte man sich ja nochmal Liebeskummer holen. „War's das, was du hören wolltest?“ Jedenfalls wusste Coops jetzt, dass Cloud es nicht nötig hatte jahrelang darauf zu warten, dass er irgendwann mal unverhofft vor der Tür stünde. Er war heiß, er wusste es, und er hatte es nicht nötig Coops hinterherzuweinen. Das hatte er lange genug gemacht, und er hatte lange genug gewartet. Coops hätte doch bestimmt auch nicht so lange auf ihn gewartet, wenn er plötzlich verschwunden wäre, einfach so, ohne ein einziges Wort. Eine kleine, leise Frage durchbrach die Stille, die sich schon wieder zwischen ihnen breitgemacht hatte, und die nicht einmal der Fernseher verscheuchen konnte. Doch, Cloud wollte, dass Coops ging, weil es sicherlich sehr viel besser für seinen Seelenfrieden wäre. Aber wenn Coops ging, dann würde er sich die ganze Zeit fragen müssen, was wäre wenn. Er hatte was-wäre-wenns immer gehasst. Ein was-wäre-wenn hatte ihn dazu veranlasst Coops damals mit nach Hause zu nehmen, ihm seine Nummer zu geben und ihnen immerhin eine echt schöne Zeit beschert, bis alles ein jähes Ende gefunden hatte. „Nein, will ich nicht“, hörte er sich selber sagen, wie von selbst. Was wäre, wenn es wieder so sein könnte wie früher? „Willst du bleiben?“ |